Ayurvedakur @Home - ein etwas anderer Erfahrungsbericht

Wer uns kennt, weiss dass wir uns seit Jahren auf die ambulante Ayurvedakur spezialisiert haben. Eine tolle Alternative wenn Zeit und Finanzen keine grosse Reise nach Indien oder in ein Ayurveda Hotel zulassen. Dieses mal bin ich selbst - Romana, Ayurveda Praktikerin seit 15 Jahren und Team des E5 Zentrums - an der Reihe.

Meine letzte Ayurvedakur in Indien ist schon einige Jahre her. Gerne würde ich ins Ursprungsland des Ayurveda reisen und mir eine Auszeit gönnen. Aber alles hat seine Zeit und derzeit ist eben dafür nicht der passende Zeitpunkt. Aber hey, ich arbeite in einem Ayurveda Zentrum und warum nicht mal selbst in den eigenen 4 Wänden eine Kur machen? Mein Glück ist, dass ich 2 tolle Ayurveda Kollegen habe. Marion und Vinayak haben sich bereit erklärt, mich 10 Tage lang zu betreuen, zu massieren und nebenbei das Tagesgeschäft im Zentrum zu meistern. So kann ich mir eine Auszeit nehmen. JUCHU!

Ayurvedisches Gemüse Curry als optimale Vorbereitung.

Ayurvedisches Gemüse Curry als optimale Vorbereitung.

Vorbereitung

1 Woche vor Kurbeginn, stelle ich meine Ernährung um. Ich verzichte komplett auf Kaffee, Alkohol, Zucker und esse keine tierischen Produkte, ausser Ghee (Butterreinfett) und Honig. Für mich nicht so eine grosse Umstellung, aber ich erkenne doch, wie sich der Körper und vor allem der Geist an Dinge gewöhnt hat. Ich ernähre mich von warmen, frisch gekochten Mahlzeiten, bestehend aus Reis, Dinkel, Couscous etc., Gemüse aller Art und Linsen. Zwiebel und Tomaten lasse ich bereits weg. Eines meiner wenigen “Laster” ist Kaffee. 1 bis 2 Tassen pro Tag mag ich schon gern. Ich ersetze ihn durch Matcha Tee und mir gehts richtig gut damit.

Zusätzlich nehme ich ein ayurvedisches Kräuterpräparat welches meinen Stoffwechsel auf Touren bringt. Ich habe eine sehr gute Verdauung, nichts desto trotz braucht der Körper etwas Unterstützung. Spätestens dann, wenn ich mit dem Ghee trinken beginne.

Meine tägliche Morgenroutine mache ich ab jetzt noch ausführlicher. Zungenschaben, Ölziehen, Nasenspülung, abgekochtes warmes Ingwer Wasser mit etwas Zitrone und Honig bereiten mich optimal auf meine bevorstehende Kur vor. Ich merke bereits nach einigen Tagen, dass ich mich jetzt schon leichter fühle.

Kur Tag 1

Mein erster freier Tag ist gleichzeitig mein erster Ghee Tag. Unser Ayurveda Doc Vinayak hat mir Tikta Ghee verordnet. Ein mediziniertes (mit Kräutern gekochtes) Ghee welches u. a. entzündungshemmend wirkt und oft bei Pitta Konstitutionen zum Einsatz kommt. Wir werden ja immer wieder gefragt, wie denn das Ghee schmeckt. Eines vorweg, Schokopudding schmeckt besser. Aber es muss auch nicht gut schmecken. Im Leben ist auch nicht immer alles gut. Es ist wie es ist und vor allem ist es Medizin die mir gut tut. Also nicht viel nachdenken und runter damit. Die erste Dosis ist noch ein kleines Stamperl von 30 ml. Also überhaupt kein Problem. Danach trinke ich schluckweise viel warmes, abgekochtes Wasser. Erst wenn ich Hunger verspüre, esse ich ein kleine Portion Reissuppe. Die schmeckt gut und gibt Kraft.

Romana “im Öl” und glücklich.

Romana “im Öl” und glücklich.

Und endlich, meine erste Ayurveda Massage für diese Kur.

Marion massiert mich von Kopf bis Fuss mit den wunderbaren ayurvedischen Kräuterölen und ergänzt es für mich ganz individuell noch mit ätherischen Ölen. Ein Traum.

Anschliessend steckt sie mich in die Swedana Box, damit alles so richtig rausgeschwitzt wird. Die Massage macht mich angenehm platt. Zu Hause ruhe ich mich aus und lasse die Anwendung nachwirken. Ich merke, die Kur hat jetzt richtig begonnen.

Die Ghee Tage.

Die nächsten Tage sind der „inneren Ölung“ gewidmet. Was bedeutet das und warum trinkt man Ghee während einer Ayurvedakur? In unserem Körper gibt es wasserlösliche sowie fettlösliche Toxine. Erstere werden über die Haut (durch Schwitzen), Urin, Stuhl etc. regelmässig ausgeschieden. Die fettlöslichen Toxine kann der Körper nicht so leicht loswerden. Dafür ist das Kräuterghee da. Es bindet diese Stoffwechselzwischenprodukte (langes Wort) im Gewebe und transportiert diese in den Verdauungstrakt. Spätestens an meinem Ausleitungstag werden diese ausgeschieden. Gleichzeitig ölt das Ghee von Innen und schmiert die Gelenke. Was ich an meiner Yogapraxis merke. Der Körper ist viel weicher und biegsamer.

Meine Mahlzeiten sind in diesen Tagen sehr reduziert. Viel heisses Wasser, Reissuppe und wenn ich wirklich Hunger habe esse ich eine kleine Portion Kitcheri. Dieser Prozess ist für den gesamten Organismus anstrengend und mit jedem Tag kommt es mir vor als schalte ich in einen „Slow Modus“. Ich brauche viel Ruhe, spreche nicht viel und geniesse es mal still zu sein. Mein Geist unterzieht sich ebenso einer Reinigung. Ich nehme wahr, wie meine Gedanken zu längst vergangenen und scheinbar vergessenen Ereignissen kreisen. Und auch emotional bin ich etwas dünnhäutig. Ich weiss, all das ist während so einer Kur normal und ist Teil des Reinigungsprozesses. Atemübungen (Pranayama) helfen mir wieder ins Hier und Jetzt zu kommen und meine Gedanken zur Ruhe zu bringen.

Die Stempelmassage löst meine Verspannungen im Schulterbereich.

Die Stempelmassage löst meine Verspannungen im Schulterbereich.

Tag 4 und 5.

Die Ghee Phase ist vorbei. Ich darf mich wieder so ernähren wie in der Vorbereitungsphase und freue mich auf einen Frühstücksbrei. Jetzt ist wieder die „äussere“ Ölung an der Reihe. Ich bekomme von Marion täglich eine Jambira Pinda Sweda. Bei dieser Kräuterstempelmassage wird der Körper zuerst gut eingeölt und anschliessend mit den warmen öligen, herrlich duftenden Stempeln geklopft, gerieben und massiert. Die Wärme dringt in meinem Körper ein und breitet sich wohlig aus. Die Massage regt den Lymphfluss an, nährt die Gelenke und strafft nebenbei auch noch mein Gewebe. Was soll ich sagen… wieder mal ein Traum. Noch Stunden später merke ich wie die Anwendung nachwirkt. Ich bin jetzt optimal für den nächsten Tag vorbereitet, den Ausleitungstag.

Virecana - Reinigungstag

Am Morgen meines Reinigungstages steht als erstes eine Selbstmassage am Programm. Die Massage und anschliessende warme Dusche aktiviert den Metabolismus und bereitet mich gut auf die Darmreinigung vor. Danach übe ich 30 Minuten Yoga Asanas und Pranayama. Mein „Frühstück“ ist ein Kräuterpräparat, welches genau auf meinen Typ abgestimmt ist und eine abführende Wirkung hat. Anschliessend gehe ich kleine Runde spazieren. Und zwar wirklich nur eine kleine Runde, denn man weiss nie so genau wann es los geht. Also lieber in Hausnähe bleiben ;-) Über den Vormittag trinke ich abgekochtes, warmes Wasser. Es läuft alles nach Plan und ich verbringe die nächsten Stunden mehr oder weniger an dem Ort „wo der Kaiser zu Fuss hingeht“. Die Entlastung wirkt nicht nur körperlich. Auch auf geistiger Ebene ist es eine Gelegenheit Ballast abzuwerfen und von Dingen loszulassen, die ich nicht mehr brauche. Am Abend fühle ich mich im wahrsten Sinne sehr befreit.

Nach der Kur unterstützt eine leichte, nahrhafte Ernährung den Regenerationsprozess:  Rote Linsen mit Gemüse und Hirse.

Nach der Kur unterstützt eine leichte, nahrhafte Ernährung den Regenerationsprozess:
Rote Linsen mit Gemüse und Hirse.

Die Aufbauphase

Nach der Darmreinigung erhalte ich Shirodhara (Stirnölguss) mit Ganzkörpermassage. Nicht umsonst nennt sich diese Anwendung im Ayurveda „Königlicher Stirnguss“. Ich fühle mich schon fast wie Kleopatra. Wenn das leicht warme Öl über meine Stirn fliesst, ist es fast so als würden alle Gedanken mitfliessen und sich auflösen.

Zum Abschluss bekomme ich von Marion eine Ganzheitliche Frauenheil Massage. Sie ist ganz anders als eine Ayurveda Anwendung und mit enorm tiefgreifender Wirkung. Ich fühle mich danach energiegeladen und ganz einfach glücklich. Ein perfekter Abschluss.

Im Ayurveda heisst es, dass es ca. 30 bis 40 Tage nach einer Panca Karma dauert bis sich die Zellen erneuert haben. Das bedeutet, dass mein Körper noch die nächsten Wochen im Regenerationsmodus ist. Ernährungstechnisch esse ich die kommenden Tagen daher noch alles warm und frisch gekocht. Mein Hungergefühl ist auch noch nicht so stark wie sonst und ich halte die Portionen klein. Mir ist durch die Kur bewusst geworden, dass sich - trotz bewusster Ernährung und Lebensstil - doch einige Dinge mit der Zeit einschleichen, die mir nicht gut tun. Ich möchte daher die nächsten Wochen nutzen, neue Impulse zu setzen um noch mehr in meine Kraft zu kommen.

Romana Muth, Ayurveda.jpg

Mein Fazit

Auch im eigenen Heim kann man sich eine Auszeit nehmen. Es erfordert ein bisschen Disziplin und Selbstliebe. Der bewusste Verzicht hat nicht nur meinem Körper gut getan, sondern auch mein Selbstbewusstsein gestärkt. Ich fühle mich leichter, weicher und kräftiger.

Und an dieser Stelle ein grosses Dankeschön an Marion und Vinayak, die mich tatkräftig unterstützt haben.

Namaste,
Romana